Schon lange war uns die Gemeinde Frickingen ein leuchtendes Beispiel im Klimaschutz.
Nachdem die "Energiegemeinde Frickingen " beim European Energy Award so gut abschnitt und wir verschiedene Projekte mit großem Interesse betrachtet hatten, fanden wir es an der Zeit endlich mitzuspielen. Leider positionierte sich Bürgermeister Härle in der Gemeinderatssitzung dagegen.
Sein äußerst langatmiger Bericht über Salems Spitzenreiter-Position, infolge derer Salem es einfach "nicht nötig hätte" hier Geld auszugeben, konnte nur CDU, SPD und FDP überzeugen. (siehe auch ganz unten Bürgermeinung von Fritz Vogel)
GOL und FW waren der Meinung, dass da schon noch ziemlich viel Luft nach oben wäre, die man mit Hilfe des Programms füllen könnte.
Ulrike Lenski formulierte sehr schön: Aufgrund der drängenden Probleme reicht es nicht mehr "gut" zu sein - wir müssen immer schneller besser werden.
Und zudem: die Gemeinde hat eine Vorbildfunktion zu erfüllen.
- Antrag der Fraktion –
1.
Sachverhalt
Bereits 2013 hat der Landtag den Rahmen für den Klimaschutz
im Land verbindlich geregelt. Er legte erstmals verbindliche Ziele zur
Treibhausgasminderung fest. So sollte der CO2-Ausstoß des Landes bis
2020 gegenüber dem Wert von 1990 um mindestens 25 Prozent sinken, bis zum Jahr
2050 wird eine Minderung um 90 Prozent angestrebt. Das Ziel für 2020 wird
voraussichtlich um ca. die Hälfte verfehlt.
Bei der Realisierung einer erfolgreichen Klimaschutzpolitik
kommt der kommunalen Ebene eine besondere Bedeutung zu. Die Gemeinden und
Landkreise üben im Bereich Klimaschutz und Energieeffizienz eine
Vorbildfunktion für ihre Einwohner aus und können die Rahmenbedingungen für die
auf ihrer Gemarkung verursachten Treibhausgas-Emissionen maßgeblich
mitgestalten.
Die Einführung eines kommunalen Energie-Management-Systems
zählt seit dem 1.01.2019 zu den strategischen Förderschwerpunkten des Landes
BW.
Salem verfügt derzeit über kein derartiges Konzept.
Anfängliche Hinweise auf eine mögliche Beschäftigung mit
dieser Thematik finden wir, zumindest in Form von Schlagwörtern, im sogenannten
„Leitbild 2020“ (ganz unten!):
- „Verkehr
vermeiden“
- „Umweltschonende
Mobilität fördern“
- „Rad-
und Fußwegenetz ergänzen“
- „Die
Gemeinde übernimmt Vorbildfunktion beim Ausbau regenerativer Energien.“
2.
Antrag
2.1
Die Fraktion der GoL beantragt die
Befassung mit der Teilnahme am „European Energy Award“ (eea) mit dem Ziel, einen entsprechenden Beschluss herbeizuführen.
2.2
Hierzu wird die Verwaltung um
Aufbereitung der notwendigen Daten für eine Beschlussfassung gebeten,
insbesondere der überschlägig zu erwartenden Kosten und Fördermittel für die
ersten 4 Jahre.
2.3 Beschlussantrag: Die Verwaltung wird ersucht, die Teilnahme am
European Energy Award zu veranlassen und die hierzu angebotenen Förderungen
beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zu beantragen.
3.
Begründung
Der eea ist ein Instrument zur fortlaufenden Umsetzung, Steuerung und
Kontrolle der klimarelevanten Aufgaben auf kommunaler Ebene. Im Rahmen des
(i.d.R. 4-jährigen) Prozesses bis zur Erst-Zertifizierung werden die lokalen
Möglichkeiten und Potenziale ermittelt und die Umsetzung von effektiven
Maßnahmen zum Schutz des Klimas vorangetrieben.
Es werden die 6 folgenden
Maßnahme-Bereiche bearbeitet:
1.
Entwicklungsplanung / Raumordnung
2.
Kommunale Gebäude und Anlagen
3.
Versorgung, Entsorgung
4.
Mobilität
5.
Interne Organisation
6.
Kommunikation, Kooperation
Da alle relevanten Bereiche
zirkulär nach dem Schema „analysieren – planen – durchführen – prüfen“
bearbeitet werden, erscheint uns die Teilnahme an diesem Programm als
nachhaltig und zielführend.
Die Teilnahme von Kommunen
wird auch 2020 über das Programm „Klimaschutz plus“ des Umweltministerium BW
gefördert.
Zahlreiche Kommunen, auch im
BSK, sind bereits zertifiziert oder auf dem Weg dorthin: Frickingen,
Deggenhausertal, Oberteuringen, Langenargen, Meckenbeuren, FN, TT. Ebenso sind
die Landkreise BSK und RV selbst bereits „Gold zertifiziert“.
Unterm Strich muss klar sein:
Allein die Teilnahme am eea-Prozess
ist noch keine Garantie für ein schnelles Vorankommen im Sinne eines
nachhaltigen Klimaschutzes, da alle Entscheidungen über Zeitpunkt und
Intensität der Maßnahmen bei der Kommune bleiben. Jedoch liefert der eea uns geeignete Instrumente, um
wirksame und öffentlich wahrnehmbare Verbesserungen voranzubringen.
Das im Rahmen der Teilnahme zu
bildende lokale „Energie-Team“ setzt sich zusammen aus Vertreter*innen der
Verwaltung, der Eigenbetriebe und des GR, sowie ggf. aus externen
Sachverständigen und (hierauf legen wir besonderen Wert) engagierten und
fachkundigen Bürgern. Dies sorgt für eine Bündelung von Kompetenzen und begünstigt
die Verankerung in der Bevölkerung.
[ Hinweis: Eine gute Zusammenfassung gibt
folgendes Informationsvideo:
www.european-energy-award.de/service/videos-und-clips/
Eine Bürgerstimme dazu: Zur
Energiepolitik der Gemeinde Salem
Mit knapper
GR Mehrheit wurde dem Antrag auf Beteiligung am European Energy Award
entsprochen. Der ablehnende Teil des GR
war der Meinung dass man auf Gemeindeebene schon genug zur Energieeinsparung
und zum Klimaschutz getan habe. Dem möchte ich hier widersprechen und führe als
Beispiel die Energieversorgung der Neuen Mitte an.
Mit viel Publicity
wurde letztes Jahr das BHKW der Neuen Mitte Salems eingeweiht. Die Vertreter
der Thüga, Herr Härle und die Energieagentur RV lobten in höchsten Tönen die
Heizungsanlage. Mal ist von 40% Einsparung der Primärenergie die Rede mal nur
von 20%. Von hocheffizient bis klimaschonend ist die Rede.
Die schönen
Zahlen täuschen. Die Einsparung bezieht sich nur auf die Billiglösung, nämlich
reines Verbrennen von Erdgas im Heizkessel. Nur weil das BHKW neben Wärme noch
Strom erzeugt ist es noch lange kein Ersatz für alternative nachhaltige Heiztechnik. Die Alternativen
wären Solarenergie und Umweltwärme. Holz - auch eine Form der Solarenergie -
ist in den Wäldern der Salemer Gemeinde reichlich vorhanden und Umweltwärme
könnte man auch trotz Einschränkungen im Wasserschutzgebiet aus Wasser, Luft und
Erdreich gewinnen. Stand der Technik sind heute bereits Eisspeicher als
effektive Energiespeicher. Beispiele für
nachhaltige Wärme- und teilweise auch
Stromversorgung in großen Wohnanlagen gibt es genug. Das reicht von einfachen
Hackschnitzelanlagen bis hin zu komplexen Anlagen die mittels Photovoltaik und
Elektrolyseuren speicherbares Methan erzeugen.
Was Thüga
außerdem verschweigt: Die CO2 Einsparung des BHKW wird von Jahr zu Jahr geringer.
Die angeblich so hohe Einsparung basiert auf dem Strommix vergangener Jahre.
Mit dem zunehmenden Anteil an grünem Strom wird die Gesamtbilanz des BHKW immer
schlechter. 2030 sollen laut EEG 65 % des Stroms aus regenerativen Quellen
kommen. Der Vorteil des BHKW, nämlich Kraftwerkstrom mit hohem CO2 Anteil zu
ersetzten ist dann obsolet. Und das BHKW verstärkt sogar den CO2 Ausstoß. Von
2000 bis 2019 ist der CO2 Anteil aller deutscher Stromerzeuger von 644 g/kWh
auf 401 g/kWh gesunken und das vor allem wegen zunehmendem Anteil an Strom aus
nachhaltigen Quellen und trotz Abschaltung von Kernkraftwerken. Der Strom des
Erdgas- BHKW konkurriert in Zukunft mit grünem Strom.
Tatsächlich
werden über die Lebensdauer des BHKW, vermutlich bis zum Jahr 2050, in dem wir
CO2 neutral sein wollen, tausende Tonnen CO2 freigesetzt. Hinzu kommt, dass das
angeblich so saubere Erdgas/Methan ein gewaltiger Klimakiller ist. Beim
Fördern, beim Transport, bei der Stilllegung
alter Quellen entstehen im niedrigen Prozentbereich Verluste. Durch die
stärkere Klimawirksamkeit von mindestens Faktor 30 gegenüber CO2 ist in der
Gesamtbilanz Erdgas gefährlicher als Kohle oder Dieselöl. Und dieser Effekt würde sich noch drastischer
auswirken, wenn möglicherweise aus politischen Gründen LNG aus den USA
importiert würde. Dort wird durch umweltschädigendes Fracking Erdgas aus dem
Boden gepresst und dann unter hohem Energieeinsatz für den Schiffstransport
verflüssigt. Was dann bei uns am BHKW ankommt
hat eine so schlechten Ökobilanz, dass sie auch ein BHKW nicht kompensieren
wird.
Die
Hoffnung, fossiles Erdgas durch nachhaltige Energieträger zu ersetzen wird sich
nicht erfüllen. In die bestehende Anlage kann Wasserstoffes bestenfalls in
geringen Mengen zugemischt werden. Biogas ist ökologisch fragwürdig und teuer. Die
Herstellung von Methan aus Wasserstoff ist so verlustreich, dass sich eine
nachgeschaltete Verbrennung verbietet.
Ich will die
neue Heizanlage nicht mies machen. Ein BHKW ist zumindest besser als der beste
Heizkessel. Aber es gibt bessere Alternativen.
Deshalb
begrüße ich die Initiative für den EEA. Die Möglichkeiten für energiesparende
und resourcenschonende Maßnahmen sind in der Gemeinde noch lange nicht ausgeschöpft,
die Mehrkosten dafür sind überschaubar und eine gute Investition für unsere Zukunft
und in der Verwaltung gibt es sicher Mitarbeiter, die sich mit Engagement für
eine sinnvolle Sache einsetzen wollen.
Fritz Vogel